Tausende Jahre waren vergangen.
Die Erde hatte sich gewandelt, Berge kamen und gingen, und schließlich eroberten die Menschen die Welt.
Eines Tages streifte ein achtjähriges Mädchen in einem weißen Kleid durch einen stillen Wald.
Mitten auf dem Pfad blieb sie plötzlich stehen – etwas an dieser Stelle war… merkwürdig.
Mit ernster Miene holte sie eine kleine Kinderschaufel hervor und begann zu graben.
Nach kurzer Zeit stieß sie auf etwas Glitzerndes.
Ein goldener Haufen.
Der legendäre Kackhaufen.
Aufgeregt rannte sie nach Hause.
„Papa, ich habe was Glitzerndes gefunden!“ rief sie voller Freude.
Ihr Vater, ein alter, blinder Mann, saß wie immer auf seinem Hocker.
Neugierig tastete er nach dem Fund seiner Tochter, nahm ihn in die Hand –
und ohne zu zögern steckte er ihn in den Mund.
Zähne hatte er kaum noch, also konnte er nicht kauen.
Er lutschte daran – mit viel Speichel – von oben bis unten,
genüsslich, nachdenklich.
Viele seltsame Geschmäcker drangen in seinen Gaumen.
Die meisten waren… abstoßend.
Doch einer davon war ihm seltsam vertraut.
„Das ist… Gold!“, rief er überrascht.
„Aber nicht irgendein Gold… Das hier ist auch ein Haufen Scheiße!“
Seine Tochter sah ihn mit großen Augen an.
„Papi… können wir mit dem goldenen Scheißhaufen nach Hause zurück?“, fragte sie mit zitternder Stimme.
Tränen sammelten sich in ihren Augen.
„Nein, mein Schatz“, sagte der Vater leise.
„Unser Zuhause wurde von den Dunklen Legionen zerstört. Wir können nicht mehr zurück.“
Er versuchte, ihr über den Kopf zu streicheln,
doch da er nicht sehen konnte, fuchtelte er nur ins Leere.
„Ich will aber zurück!“, schluchzte sie.
„Zurück zu meinen Freunden… und zu meinem Bruder!“
In diesem Moment geschah etwas Unbegreifliches.
Vom Körper des Mädchens ging plötzlich ein goldenes Leuchten aus –
eine Aura, so hell wie das Innere der Sonne,
und in der Farbe des Haufens, den sie gefunden hatte.
Die Möbel begannen zu zittern.
Das Haus bebte.
Die Mutter stürmte erschrocken ins Zimmer.
„Was ist hier los!?“
Als sie ihre Tochter berühren wollte, wurde sie von einer unsichtbaren Kraft gepackt
und mit voller Wucht gegen die Wand geschleudert.
Der Vater, der all das nicht sehen konnte, kauerte sich erschrocken unter den Tisch,
den goldenen Haufen noch immer im Mund.
Er brüllte mit vollem Mund unverständlich in den Raum hinein:
„Schalzt velsteg die Ginderrr, da momen die Punglenl wiva, i hölwe hi bewleids kommln!“
Die Mutter, benommen an der Wand lehnend, murmelte trocken:
„Bitte was? Man spricht nicht mit vollem Mund.“
Währenddessen geschahen weitere, seltsam synchronisierte Dinge:
Ein Mädchen – exakt identisch mit der weinenden Tochter – betrat das Haus.
Eine schwarze Katze lief gemächlich von links nach rechts durchs Wohnzimmer.
Ein Golem erschien aus dem Nichts,
und am Ende eines doppelten Regenbogens hob er einen Schatz voller Gold aus der Erde.
All das passierte gleichzeitig.
Und dann –
gab das zweite, ruhige Mädchen dem weinenden Mädchen eine saftige Ohrfeige.
So laut, dass selbst die Monster im tiefsten Wald innehielten
und ihre Köpfe in Richtung des Hauses drehten.
Von Meiridia
Auf einmal wurde alles still.
So still, dass man glauben konnte, das Gras wachsen zu hören.
Diese Stille jedoch wurde jäh unterbrochen –
vom plötzlichen Prasseln eines Regenschauers.
Zur gleichen Zeit, auf der anderen Seite der Welt,
kippte ein Reissack in China um.
Was belanglos schien,
löste ein Erdbeben aus.
Ein Beben, das sich wie ein hungriges Tier um den halben Globus schlängelte
und schließlich auch den Ort erreichte, an dem sich die beiden Mädchen aufhielten.
Der Boden bebte, der Regen peitschte.
Das Haus ächzte in seinen Fundamenten.
Der alte Vater, noch immer unter dem Tisch,
klammerte sich zitternd an die Tischbeine,
den goldenen Kackhaufen fest im Mund.
Er nuschelte wirr vor sich hin, zwischen Sabber und Panik:
„D’ Götter… ihr Zorn… sie kommen… sie KOMMEN…!“
Die Mutter, die nach wie vor am Boden lag,
von der unsichtbaren Wucht gegen die Wand geschleudert,
schrie voller Verzweiflung:
„Ihr werdet noch den Zorn der Götter auf euch ziehen, wenn ihr nicht bald RUHE GEBT!!!“
Doch es war zu spät.
Das Beben wurde heftiger.
Der Regen peitschte nun in horizontalen Strahlen.
Und dann –
ein tiefes, wummerndes Geräusch.
Lautes Getrampel übertönte selbst den Sturm.
Der Himmel verdunkelte sich.
Ein gigantisches Mammut, mehrere Kilometer hoch, schob sich durch die Landschaft.
Sein Fell war nicht grau –
es war grün.
Moosgrün.
Bewachsen mit Farnen, Pilzen und winzigen Bäumen.
Über ihm kreiste eine Horde geflügelter Bären,
deren Flügelschläge Donner erzeugten.
Von Tatsu„Es ist Zunesha, der heilige Mammutgott!!!“
schrie der alte Mann, noch immer mit dem goldenen Kackhaufen im Mund.
„Sein Siegel wurde durch die Macht unserer Tochter gebrochen...
nun ist alles zu spät. The end is nigh,“
sagte die Mutter, während sie die Zwillingstöchter an den Händen packte
und sie hastig in eine Bodenluke warf.
Doch dann – oh Wunder –
fiel der Kackhaufen aus dem Mund des alten Mannes.
Er schlug auf dem Boden auf.
In dem Moment durchbrach ein gleißender Lichtstrahl die Decke
und erleuchtete das gesamte Haus.
Eine intensive, warme Aura breitete sich vom Haufen aus –
erst über den Boden, dann durch die Wände,
dann weiter hinaus, bis sie alles und jeden berührte.
Langsam wurde das Licht schwächer.
Und dort, wo eben noch der Kackhaufen lag…
lag jetzt ein Hahn.
Aus der Bodenluke hörte man nur noch,
wie sich die zwei Schwestern gegenseitig anschrien.
Von Meiridia„Ich hätte nie gedacht,
dass wenn ich einfach nur random durch die Gegend laufe
und irgendwelchen Leuten eine klatsche,
ich am Ende in irgendeinem Keller lande.“
„Obwohl du meine Zwillingsschwester bist,
tust du immer so, als würdest du keinen von uns kennen.
Du bist echt total doof als Schwester.“
P p p p pock puck puck puck pokku
Der goldene Hahn kräht.
So laut,
dass selbst der Mammutgott Zunesha vor Wut zu toben beginnt.
Sein riesiger Schädel bebt,
sein uralter Schrei hallt durch Gebirge –
bis ihm schließlich beide Trommelfelle platzen.
Und dann… beginnt der Regen.
Ein unheilvoller, metallischer Regen.
Über den ganzen Kontinent
fällt monatelang Quecksilberblut vom Himmel.
Dick, schwer und leuchtend silbern.
Das Blut ist tödlich für die menschliche Rasse.
Die Menschheit verschanzt sich in ihren Häusern,
verzweifelt und eingeschlossen,
monatelang.
Nur wenige überleben.